-Eine junge Religionslehrerin bloggt über Schule, ihre Familie und ihren Glauben-

#1 Du bist Religionslehrerin?!

„Was? Du bist Religionslehrerin? Das hätte ich ja jetzt nicht gedacht!“ Unzählige Male sind mir diese Sätze schon entgegnet worden. Bei jedem neuen Kennenlernen von Menschen, sei es auf Partys, im Urlaub oder bei Sportkursen, muss ich mich und meinen Beruf erklären. Und die Unterhaltungen laufen dabei in der Regel alle gleich ab. „Glaubst du dann auch so richtig an Gott?“ Folgt meistens direkt darauf. „Ja, ich glaube auch an Gott.“ „Auch so richtig? Mit Gottesdienst und Bibel?“ „Ja, so richtig. Mit Gottesdienst und Bibel.“ „Krass.“ Nun folgt gewöhnlich eine Pause, ein Schweigen gemischt mit einem Schlucken, manchmal noch ein ungläubiger Blick zu mir herüber. Üblicherweise gibt es nun zwei Richtungen in welche die Unterhaltung weiter geht.
Entweder: Die Person schweigt nun an dieser Stelle weiter, schüttelt den Kopf und verabschiedet sich überraschend von mir. Vermutlich steckt dahinter eine Mischung aus Angst, ich könne sie bekehren und Skepsis vorm Fremden.
Oder: Ich werde mit Frage durchlöchert. Als wäre ich der erste christliche Mensch, den sie je getroffen haben und wollen wissen, ob ich wirklich so lebe, wie es im Fernsehen geschildert wird.

Ich rede gerne über Gott und meinen Glauben, manchmal komme ich mir aber wie eine Außerirdische vor. Deshalb habe ich zum Ende meines Studiums auf Partys immer gesagt, ich würde BWL studieren. Dadurch konnte ich entspannt den Abend genießen und musste mich nicht irgendwann zu Kreuzzügen und Hexenverbrennung rechtfertigen. Für gewöhnlich ist es nämlich, wenn Alkohol im Spiel war, irgendwann so ausgeartet, dass ich vor versammelter Feiermannschaft an den Pranger gestellt und mich zu allem äußern musste, was die 2000jährige Vergangenheit des Christentums hergab.

Ich frage mich, woher kommt es, dass Menschen über meinen Beruf überrascht sind? Ist es weil ich jung bin? Ist es weil ich mich modern kleide? Weil man jemanden wie mich in der Kirche nicht vermutet? Ich weiß es nicht.
Vielleicht ist auch dies der Grund dafür, weshalb ich diesen Blog begonnen habe. Ich möchte zeigen, dass auch junge Menschen Teil der Kirche sind und dass sich Glauben und ein ‚modernes‘ Leben nicht ausschließen müssen.

Durch das Nennen meines Berufes habe ich aber auch ganz wunderbare Erfahrungen gemacht. Stundenlanges theologisieren mit Fremden in einer Mitfahrgelegenheit oder beten mit betrunkenen Atheisten. Und ich habe auch erlebt, dass mich Menschen, wenn sie gehört haben, dass ich Religionslehrerin bin, ganz gezielt angesprochen haben. Menschen, denen etwas auf der Seele lag und die einen Rat, ein Wort oder ein Ohr bei mir gesucht haben. Das waren ganz besondere Momente, an die ich mich gerne erinnere. Und irgendwie ist es dann doch nicht so schlimm, dass jedes Mal eine kleine Debatte losgetreten wird. Und jetzt auch online.

 

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